#Volatility - Der Anlage-Podcast

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#36: 00:05-1# Hashtag Volatility: Der Anlage-Podcast von Börsen-Zeitung und QC Partners.

#36: 00:15-1# [Bùi] Zuletzt hatten wir uns intensiv mit Rohstoffen, Seltenen Erden und Materialengpässen befasst. Heute wollen wir den Blick auf ein anderes Thema richten, das für die Märkte derzeit sehr bestimmend ist, nämlich die Geldpolitik der Notenbanken. Nachdem die EZB bereits vor knapp zwei Wochen ihre vielbeachtete Ratssitzung hatte, hat die US-Notenbank Fed vergangene Woche nachgelegt. Morgen ist dann die Bank of England dran. Und wir wollen in den nächsten etwa 20 Minuten betrachten, welche Wirkung die Politik der Notenbanken auf die Kapitalmärkte entfaltet. Und damit begrüße ich Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich zu einer neuen Episode von Hashtag Volatility, dem Anlage Podcast von Börsen-Zeitung und QC Partners. Mein Name ist Franz Công Bùi und ich bin Redakteur der Börsen-Zeitung. Mein Gesprächspartner ist wie stets Thomas Altmann, Leiter Portfolio Management von QC Partners. Herr Altmann, die US-Notenbank hat nach ihrer Zinssitzung vor einer Woche mitgeteilt, dass sie an ihrer lockeren Geldpolitik unverändert festhält. Allerdings hat die Fed ihren Ausblick relativ deutlich verändert und für die Zukunft eine straffere Geldpolitik in Aussicht gestellt. Und zumindest vorübergehend hat der Rentenmarkt verschreckt reagiert. Wie groß waren die Auswirkungen?

#36: 01:21-9# [Altmann] Schauen wir auf die Renditen 10jähriger US-Staatsanleihen. Diese sind am Tag der Fed-Sitzung um mehr als acht Basispunkte angestiegen, das ist gleichbedeutend mit dem fünftgrößten Tagesanstieg in diesem Jahr. Der Treasury Future, der Future der 10jährigen US-Staatsanleihen, hatte an diesem Tag sogar seine drittbreiteste intraday Handelsspanne in diesem Jahr. Das illustriert, wie stark die Ausschläge waren. Und das zeigt natürlich auch, dass der eine oder andere von den doch recht deutlichen Anpassungen auf dem falschen Fuß erwischt wurde.

#36: 01:51-4# [Bùi] Sie sprechen jetzt von den Anpassungen im Ausblick der Fed. In welchen Bereichen sind diese denn besonders stark ausgefallen? Auf welche Änderungen der Geldpolitik sollten sich unsere Hörerinnen und Hörer jetzt einstellen?

#36: 02:02-1# [Altmann] Am besten können wir das an den Dots ablesen.

#36: 02:04-7# [Bùi] Damit meinen Sie die Punkte, mit denen die Mitglieder des Offenmarktausschussses der Fed angeben, an welcher Stelle sie die sogenannte „Fed Funds Rate“ in den nächsten Jahren sehen?

#36: 02:12-6# [Altmann] Ganz genau, besser hätte ich jetzt nicht erklären können. Schauen wir hier zunächst einmal 6 Monate zurück. Zu Jahresbeginn konnte sich nur ein einziges Mitglied des Offenmarktausschusses eine Zinserhöhung im Jahr 2022 vorstellen. Für 2023 konnten sich zumindest fünf mit höheren Zinsen anfreunden. Im März wollten dann schon vier Mitglieder im kommenden Jahr straffen und sieben im Jahr 2023. Zwischen März und Juni hat sich die Zahl der Falken dann verdoppelt. Jetzt gehen sieben von höheren Zinsen im kommenden Jahr aus, 13 von höheren Zinsen im Jahr 2023.

#36: 02:46-9# [Bùi] Hier würde ich gern noch einmal kurz einhaken. Denn für all die Zuhörerinnen und Zuhörer, die vielleicht nicht ganz so vertraut sind mit den Begriffen Falken und dann auch Tauben. Die Falken sind die Hardliner unter den Währungshütern, die für eine straffere Geldpolitik plädieren, wohingegen die Tauben für eine lockere Geldpolitik plädieren und aktuell eher für ein längeres Abwarten argumentieren.

#36: 03:05-7# [Altmann] Ganz genau. Und schauen wir vielleicht noch einmal auf die Stimmen-Verhältnisse. Diese bedeuten im Moment auch, dass für das kommende Jahr noch immer eine Mehrheit von konstanten Zinsen ausgeht. Das ändert sich dann für das Jahr 2023. Dann stehen den 13 Befürwortern höherer Zinsen nur noch fünf Tauben gegenüber. Der Median liegt hier bei 2 Zinserhöhungen. Allerding sehen wir auch 8 Dots, die noch höher liegen und entsprechend mehrere Zinsschritte bedeuten würden.

#36: 03:33-9# [Bùi] Diese Gegenüberstellung ist wirklich interessant. Bedeutet das denn auch, dass wir uns langfristig in den USA auf einen höheren Leitzins einstellen müssen als bisher angenommen?

#36: 03:41-7# [Altmann] Das bedeutet es tatsächlich nicht. Denn bei den Dots für die langfristige Zinsprognose gab es zwischen März und Juni keine Veränderungen. Hier liegt der Erwartungswert unverändert bei 2,5 Prozent als Langfristzins. Damit zeigt die Fed den Märkten, dass sie für die langfristige Zukunft nicht von höheren Zinsen ausgeht, als bisher in Aussicht gestellt wurden. Die Message der Fed ist also: Langfristig bleibt alles wie es war. Nur der Aufstieg zum langfristigen Zinsniveau, der könnte früher beginnen und auch steiler ausfallen.

#36: 04:11-4# [Bùi] Also gut, auch wenn die langfristigen Prognosen unverändert bleiben. Ihren kurzfristigen Inflationsausblick hat die Fed doch deutlich nach oben angepasst. Und Inflation galt in den vergangenen Wochen immer wieder als Schreckgespenst für die Anlegerinnen und Anleger.

#36: 04:23-8# [Altmann] Ja, diese Einordnung der Inflation als Schreckgespenst ist nicht von der Hand zu weisen. Und wie Sie jetzt schon angedeutet haben, hat die Fed ihre Inflationsprognose für dieses Jahr deutlich nach oben angepasst. Von vorher 2,4 Prozent auf jetzt 3,4 Prozent. Mit der nur geringen Anpassung für 2022 unterstreicht die FED aber gleichzeitig einmal mehr, dass sie die aktuell höhere Inflation als vorübergehendes Phänomen betrachtet. Positiv ist, dass die FED ja nicht nur ihre Inflationsprognose angehoben hat, sondern auch ihre Wachstumsprognose. Für das laufende Jahr von 6,5 auf 7,0%. Diese neuen Inflations- und Wachstumsprognosen zeigen, dass auf Sicht der nächsten Jahre früher höhere Zinsen notwendig sein werden. Sie zeigen aber auch, dass das langfristige Bild der Fed weiterhin in Takt ist.

#36: 05:10-1# [Bùi] Wir haben jetzt viel von einer fernen Zukunft gesprochen. Aktuell sind wir aber noch immer im Nullzinsumfeld. Und unmittelbar wird sich das trotz der verschärften Prognosen ja auch nicht ändern.

#36: 05:19-3# [Altmann] Das ist vollkommen richtig. Bis zur ersten Zinserhöhung werden wohl noch mindestens eineinhalb Jahre, vielleicht auch zwei Jahre vergehen. Im Fokus der Börsen steht deshalb auch erst mal ein anderes Thema.

#36: 05:30-0# [Bùi] Sie beziehen sich jetzt auf das sogenannte Tapering, also die große Frage, wann die Fed damit beginnt, ihre monatlichen Anleihekäufe von aktuell noch immer 120 Milliarden Dollar zu reduzieren.

#36: 05:40-1# [Altmann] Genauso ist es. Die diesbezüglichen Diskussionen innerhalb der Fed haben ja bereits begonnen. Und in einer der kommenden Sitzungen wird Jerome Powell diesbezüglich Details wie das Startdatum des Tapering und die Reduzierungsschritte nennen müssen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass er dies im Rahmen seiner Rede auf dem Notenbank Symposium in Jackson Hole im August tut. Klar ist, dass die Anleihekäufe einige Zeit vor der ersten Zinserhöhung beendet werden sollen.

#36: 06:06-4# [Bùi] Ähnliche Diskussionen gibt es auch in Europa allerdings erholt sich die Euro-Zone deutlich langsamer vom Pandemie-Schock als die USA. Spricht das dafür, dass die EZB die Geldschleusen länger wird offenhalten müssen als die Fed?

#36: 06:17-6# [Altmann] Ja, die wirtschaftliche Erholung in der Euro-Zone ist weniger weit fortgeschritten als in den USA. Und auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde betont, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den USA nicht mit der in Europa vergleichbar sei. Unter anderem verweist sie hier auf die deutlich höhere finanzpolitische Unterstützung jenseits des Atlantiks. Und trotzdem haben wir auch in der Euro-Zone Diskussionen über eine Reduzierung oder gar ein Auslaufen des Pandemie-Kaufprogramms.

#36: 06:43-8# [Bùi] Ja, da möchte ich gerne noch mal einhaken, denn diese Stimmen werden ja deutlich lauter. Selbst Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich kürzlich in diese Richtung geäußert.

#36: 06:51-0# [Altmann] Das ist richtig, wir müssen hier jedoch eines berücksichtigen: Die Diskussion zielt in der Euro-Zone aktuell nicht auf die Anleihekäufe an sich ab, sondern ausschließlich auf das Pandemie-Kaufprogramm. Das grundsätzliche Asset Purchase Program wird in den Diskussionen derzeit nicht angetastet. Dieses soll solange fortgesetzt werden, wie es für die Verstärkung der akkommodierenden Wirkung der Leitzinsen erforderlich ist.

#36: 07:14-3# [Bùi] Es geht also nur um das Notfallanleihekaufprogramm PEPP, folglich müssen wir uns in der Eurozone auf ein noch langes Anhalten der negativen Zinsen einstellen?

#36: 07:21-7# [Altmann] Ganz richtig. Wie in den USA gilt auch hier, dass alle Anleihenkaufprogramme enden sollen, bevor erstmals an der Zinsschraube gedreht wird. Eine Umfrage der EZB zeigt, dass die befragten Analysten im Mai 2024 mit einer ersten Zinserhöhung rechnen. Das Erreichen der Nulllinie prognostizieren eben diese Analysten dann für das zweite Quartal 2025.

#36: 07:43-5# [Bùi] Wie schätzen Sie das ein? Hat die EZB keine Angst, von steigenden Inflationsraten früher als gewollt zum Handeln gedrängt zu werden?

#36: 07:50-2# [Altmann] Ähnlich wie die Fed ist auch die EZB bemüht, die aktuelle Inflationsspirale als vorübergehendes Phänomen zu beschreiben. Die EZB hat ihre Erwartungen für dieses Jahr von 1,5 auf 1,9 Prozent angehoben. Das ist im Vergleich zur US-Inflation ohnehin noch moderat. Zusätzlich hat die EZB ihre Erwartung für 2023 unverändert bei 1,4 Prozent belassen. Das unterstreicht die temporäre Betrachtung zusätzlich. Und last but not least hat die EZB ihre Wachstumsprognose sogar stärker angehoben als ihre Inflationsprognose. Für das laufende Jahr von 4,0 auf 4,6 Prozent. Und das ist an den Börsen gut angekommen.

#36: 08:28-0# [Bùi] Auf die Inflationsentwicklung würde ich gern noch einmal genauer eingehen. Dass Inflation auf dem Parkett schnell zum Schreckgespenst werden kann, das haben wir dieses Jahr schon mehrfach gesehen. Da hat es mich doch verwundert, dass der Anstieg der Inflation auf fünf Prozent keine größeren Schockwellen ausgelöst hat. Wie ist das zu erklären?

#36: 08:44-8# [Altmann] Ja, diese fünf Prozent im Jahresvergleich sind tatsächlich der höchste Wert seit der Finanzkrise. Damals hatten wir einen Spitzenwert von 5,6 Prozent. Welcher Teil dieses Anstiegs vorübergehend ist und welcher dauerhaft, das lässt sich im Moment tatsächlich noch nicht zuverlässig sagen. Beim letzten Wert spielt der oft diskutierte Basiseffekt schon eine große Rolle. Denn exakt zwölf Monate früher ist die Inflation pandemiebedingt auf 0,1 Prozent gefallen. Wenn wir jetzt also auf die letzten 24 Monate schauen, dann kommen wir auf 5,1 Prozent in zwei Jahren beziehungsweise durchschnittlich 2,55 Prozent pro Jahr. Das wäre dann zwar immer noch oberhalb des Fed-Zielwertes, aber eben deutlich weniger weit.

#36: Natürlich gibt es noch andere Inflationstreiber als den reinen Basiseffekt.

#36: Einer davon sind weiterhin die höheren Rohstoffpreise, auf die wir vor kurzem an dieser Stelle ja genauer eingegangen sind. Dazu kommt, dass durch die schnelle Erholung die starke Nachfrage an vielen Stellen auf ein zurückgefahrenes Angebot trifft. Und auch die gestiegenen Transportkosten machen sich weiterhin in der Inflationsrate bemerkbar. Von daher müssen die kommenden Monate zeigen, ob die Inflationsrate zu hoch bleibt oder ob sie zügig zurückkommt. Was die Anleger angeht, im Moment scheint es so, als wären diese komplett auf die Linie der Notenbanken eingeschwenkt und würden die Ansicht der Inflationsspitze als vorübergehendes Phänomen teilen.

#36: 10:07-8# [Bùi] Wie beim Wirtschaftswachstum verläuft ja auch der Anstieg der Inflation in der Euro-Zone langsamer als in den USA. Dennoch ist die Teuerung von 2,5 Prozent, die zuletzt für Deutschland veröffentlicht wurde, der höchste Wert seit zehn Jahren.

#36: 10:19-6# [Altmann] Wir ertappen uns hier natürlich oft dabei, sehr auf die deutsche Inflation konzentriert zu sein. Sie haben die 2,5 Prozent gerade angesprochen. Dagegen liegt die Inflation in Italien bei gerade mal 1,3 Prozent. Und das führt dazu, dass sie in der Euro-Zone als Ganzes aktuell bei 2,0 Prozent liegt.

#36: 10:37-5# [Bùi] Wenn ich mir nun die Entwicklung der europäischen Aktienindizes anschaue, wirkt es auch hierzulande zu, als würden die Aktienanleger die Einschätzung der Notenbank bezüglich der zukünftigen Inflationsentwicklung teilen. Oder haben sie eine andere Erklärung für die ganze Serie an Allzeithochs bei unserem Heimatindex, dem DAX?

#36: 10:52-5# [Altmann] Ihrer Erklärung kann und will ich definitiv nicht widersprechen. Dazu kommt allerdings noch ein weiterer und ganz entscheidender Punkt. Die letzten drei Allzeithochs wurden alle bei extrem niedrigen Umsätzen erreicht. Der 04., der 07. und auch der 14. Juni gehören bei den 30 DAX-Werten zu den fünf umsatzschwächsten Tagen in diesem Kalenderjahr. Und das zeigt für mich ganz klar, dass das Kaufinteresse auf dem aktuellen Kursniveau deutlich nachlässt. Aber solange das Verkaufsinteresse noch geringer ist, kann sich der DAX eben auf diesem Niveau halten oder sogar noch weiter nach oben klettern.

#36: 11:26-9# [Bùi] Lassen Sie uns auf noch ein paar andere Notenbanken schauen. Dass die Kommunikation einer strafferen Geldpolitik herausfordernd und auch mit Turbulenzen verbunden sein kann ist 2013 beim Taper Tantrum unter dem damaligen Fed-Chef Ben Bernanke klar geworden. Wie waren die Auswirkungen bei den Notenbanken, die sich im aktuellen Zyklus schon in diese Richtung bewegt haben?

#36: 11:45-9# [Altmann] Die erste Zentralbank war hier die Bank of Canada. Die kanadische Zentralbank hat ihre wöchentlichen Käufe bereits im April um 1 Milliarde CAD von 4 auf 3 Milliarden abgesenkt. Und es wird erwartet, dass sie das Tempo auf ihren Sitzungen im Juli und im September um jeweils eine weitere Milliarde verringert. Der kanadische Dollar hat daraufhin relativ zum US-Dollar aufgewertet. Und die 10jährigen Zinsen sind angestiegen. Mit einem Zinsanstieg um etwa 1% ist das aber allerdings im Rahmen geblieben. Von Panik im Sinne eines Taper Tantrum war hier nichts zu sehen. Etwas stärker ist der Zinsanstieg in Neuseeland ausgefallen. Hier sprechen wir über 1,5 Prozent seit Oktober letzten Jahres. Hier erwägt die Notenbank schon im zweiten Halbjahr 2022 an der Zinsschraube zu drehen.

#36: 12:32-1# [Bùi] In Europa ist die Bank of England bereits auf die Bremse getreten, während die EZB, wie wir eben festgestellt haben, noch immer auf dem Gaspedal steht. Die große Frage ist natürlich: Müssen wir auf der anderen Seite des Ärmelkanals schon kurzfristig mit einer strafferen Geldpolitik rechnen?

#36: 12:46-2# [Altmann] Jetzt schauen wir auf das 895 Milliarden Pfund Kaufprogramm. Die Bank of England hat im Mai das Tempo ihrer wöchentlichen Käufe von 4,4 Milliarden Pfund auf 3,4 Milliarden Pfund gedrosselt. Das möchte sie allerdings nicht als Straffung ihrer Geldpolitik verstanden wissen. Mit weiteren Reduzierungen ist unmittelbar auch nicht zu rechnen. Mögliche scheint aber ein Auslaufen des Kaufprogramms zum Jahresende. Aktuell haben wir in England eine Inflationsrate von 2,1 Prozent. Bis zum Jahresende rechnen die Notenbanker hier mit einem weiteren Anstieg auf 2,5 Prozent.

#36: 13:20-1# [Bùi] Zinserhöhungen zeichnen sich also am Horizont ab. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Gleichzeitig warnen jedoch immer mehr Ökonomen davor, dass die Notenbanken zu spät reagieren könnten. Auf welche Fakten beziehen sich diese Stimmen?

#36: 13:32-0# [Altmann] Eine dieser warnenden Stimmen ist besonders bekannt. Das ist Mervyn King, der ehemalige Gouverneur der Bank of England. Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass die geldpolitischen Institutionen zu spät auf den Anstieg der Inflation reagieren. In seinen Augen werden zu unter Druck gesetzt, überbordende Steuerdefizite zu finanzieren und auf keinen Fall zu früh zu straffen. Andere vergleichen die aktuelle konjunkturelle Entwicklung sowie die geld- und fiskalpolitischen Rahmenbedingungen mit den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals ist die Inflation in den USA auf mehr als zwölf Prozent angestiegen. Dazu geführt haben unter anderem steigende Löhne sowie der Anstieg des Ölpreises. Einen zusätzlichen Beitrag leistete damals der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems, der den Dollar deutlich abwerten ließ. Schließlich musste die Fed den Leitzins von 3,5 Prozent auf 13 Prozent erhöhen, um die Inflation wieder einzufangen.

#36: 14:23-8# [Bùi] Solche Zinsschritte werden uns diesmal hoffentlich erspart bleiben, denn dann hätten wir wohl pure Panik an den Märkten. Panik ist jedoch ein gutes Stichwort. Unser Podcast heißt ja Hashtag Volatility. Schauen wir abschließend auch die Volatilitäten was sehen Sie hier? Worauf müssen wir uns einstellen?

#36: 14:39-8# [Altmann] Starten wir am Rentenmarkt. Hier ist die Frage besonders schnell beantwortet. Denn hier gibt es aktuell keinerlei Auffälligkeiten.

#36: Und am Aktienmarkt?

#36: Da sieht es tatsächlich anders aus. Am Aktienmarkt dürfte die ruhige Zeit endgültig zu Ende gehen. Und das trotz aller Beruhigungen durch die Notenbanken. Die Volatilitätsstrukturkurve ist beim DAX deutlich steiler geworden. Im Laufzeitbereich zwischen drei und zwölf Monaten sprechen wir hier von einem Drei-Jahres-Hoch, und das bedeutet nichts anderes als erhöhte Schwankungen voraus. Interessant ist darüber hinaus die Entwicklung der CEU.

#36: 15:11-9# [Bùi] Sie meinen den Volatilitätsunterschied zwischen Optionen mit einem Basispreis am aktuellen Indexstand und Optionen mit einem deutlich niedrigeren Basispreis.

#36: 15:19-9# [Altmann] Genauso ist es. Vergleichen wir bei sechsmonatiger Laufzeit die Volatilität für eine Option mit einem Basispreis 20 Prozent unterhalb des aktuellen Kursniveaus mit der Volatilität einer Option mit einem Basispreis am Geld. Der Volatilitätsaufschlag der tieferen Option ist hier so hoch wie seit elf Jahren nicht mehr. Optionen mit so niedrigen Basispreisen werden von Profis typischerweise zur Absicherung eingesetzt. Und wenn die Profis bereit sind, so hohe Volatilitätsaufschläge zu bezahlen, dann spricht das für eine ordentliche Portion Skepsis.

#36: 15:51-4# [Bùi] Fassen wir zusammen, bis zur ersten Zinserhöhung wird es noch dauern. Vorher wird es erst einmal eine Reduzierung der Anleihekäufe seitens der Notenbanken geben. Aber auch damit ist in der kurzen Frist nicht zu rechnen. Und bei alldem hängt Europa den USA in der Entwicklung und der Diskussion hinterher. Die Märkte werden aber weiterhin sehr wachsam beobachten, welche Signale von den Notenbanken ausgehen. Wir tun es ebenso. Damit danke ich Ihnen, Herr Altmann, für die wie stets erhellenden Einsichten in das, was die Finanzmärkte derzeit besonders umtreibt. Und ich bedanke mich bei unseren Zuhörerinnen und Zuhörern für Ihr Interesse. Am Freitag um sieben Uhr morgens erscheint übrigens wieder eine neue Folge von 7 Tage Märkte – Die Wochenvorschau der Börsen-Zeitung, zu hören auf allen gängigen Podcast-Plattformen. Und ebenfalls am Freitag gibt es auch eine neue Episode von Nachgefragt, unserem Podcast zum Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung. Weitere Informationen dazu finden Sie in den Shownotes. Und in zwei Wochen kommt die nächste Folge von Hashtag Volatility, dann wieder mit meiner Kollegin Christiane Lang und einem anderen spannenden Thema. Bis dahin wünsche ich Ihnen, Herr Altmann, sowie auch unseren Zuhörerinnen und Zuhörern weiterhin alles Gute.

#36: 16:53-2# [Altmann] Bis zum nächsten Mal.